Wenn stationär behandelte Patient:innen zum Wochenende aus dem Krankenhaus oder der Reha-Klinik entlassen werden, muss ihre Arzneimittelversorgung bis zum Haus- oder Facharztbesuch in der darauffolgenden Woche sichergestellt werden. Die Apotheken benötigen dazu ordnungsge-mäß ausgestellte Entlassrezepte aus den Kliniken. Bei immer mehr der jährlich 2,2 Millionen rosa Rezepte mit dem Schriftzug „Entlassmanagement“ müssen die Patient:innen jedoch befürchten, dass die Apotheken die Entlassrezepte als Privatrezepte behandeln und damit die Patient:innen die dringend benötigten Arzneimittel selber bezahlen müssen. Dies allein deswegen, da die Kranken-kassen (von den Krankenhäusern bei der Ausstellung von Entlassrezepten verursachte) Formfeh-ler zum Anlass nehmen, die von den Apotheken belieferten Rezepte nicht zu bezahlen.
„Ureigene Aufgabe der Apothekerinnen und Apotheker ist es, die aus den Krankenhäusern und Kliniken entlassenen Patient:innen schnell und unkompliziert mit den wichtigsten Arzneimitteln zu versorgen, bevor sie das nächste Mal zu ihrer Arztpraxis gehen können“, sagt Susanne Koch, Vorsitzende des Saarländischer Apothekerverein e.V.: „Doch das korrekte Ausstellen der Entlass-rezepte wird immer komplizierter, so dass die Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern regel-mäßig daran scheitern. Die Apotheken wiederum erreichen die Ärztinnen und Ärzte nicht für tele-fonische Rücksprachen und dürfen eigenständig Formfehler-behaftete Entlassrezepte nur selten korrigieren. Dieser unhaltbare Zustand muss sich dringend ändern! Folge ist nämlich, dass mit formalen Fehlern behaftete Entlassrezepte die Patient:innen nicht oder nur gegen Bezahlung ver-sorgt werden können. Es kann nicht sein, dass Krankenkassen Formfehler auf Entlassrezepten zum Anlass nehmen, die Bezahlung des Rezeptes gegenüber der Apotheke zu verweigern. Ist zum Beispiel im sogenannten Statusfeld die letzte Ziffer keine “4“, so darf die Apotheke nur nach Rücksprache mit dem verordnenden Arzt oder der verordnenden Ärztin die Ziffer „4“ auftragen und erst dann das Entlassrezept beliefern. Ist eine Rücksprache nicht möglich, weil sich die ver-ordnende Ärztin zum Beispiel gerade anderweitig um einen Patienten kümmert, darf die Apotheke das Entlassrezept nicht zu Lasten der Krankenkassen beliefern. Absurd! Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich die Bürokratie im Gesundheitswesen quasi verselbständigt hat.“
Koch weiter: „Wir fordern den GKV-Spitzenverband auf, keine Beanstandungen mehr bei formal fehlerhaft ausgestellten Rezepten gegenüber den Apotheken auszusprechen. Wir fordern die Deutsche Krankenhausgesellschaft auf, dafür zu sorgen, dass die von ihnen selbst mit den Kran-kenkassen und Kassenärzten verhandelten Regelungen zur Ausstellung von Entlassrezepten auch tatsächlich in den Kliniken umgesetzt werden. Im Moment müssen wir den Apotheken empfehlen, die Entlassrezepte bei unheilbaren Formfehlern als Privatrezepte mit ihren Patientinnen und Pati-enten abzurechnen. Nicht betroffen davon sind Versicherte der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, der IKK Südwest und der Knappschaft: Hier konnten wir sehr kurzfristig erreichen, dass vorge-nannte Krankenkassen auf die Nicht-Bezahlung von Entlassrezepten bei Formfehlern verzichten und die Versorgung der Patient:innen tatsächlich im Mittelpunkt steht und nicht die Erfüllung von fragwürdigen Formalien! Zu diesem Verzicht waren viele andere Krankenkassen leider nicht be-reit.“
Hinweis: Zu den „unheilbaren Formfehlern“ bei Entlassrezepten gehören zum Beispiel ein Aufkle-ber im Personalienfeld statt gedruckter Daten oder die falsche Betriebsstättennummer in der Co-dierzeile. Die DAV-Mitgliederversammlung hatte Ende April 2023 die geplante 4. Änderungsver-einbarung der Anpassung der Anlage 8 zum Rahmenvertrag nach § 129 Absatz 2 SGB V mit dem GKV-Spitzenverband abgelehnt. Seit 2017 können Klinikärzte ihren Patient:innen im Rahmen des Entlassmanagements ein Rezept ausstellen, das die Anschlussversorgung mit Medikamenten für die ersten Tage nach dem Krankenhausaufenthalt sichert. Die Entlassrezepte sind aber nur drei Werktage gültig.
gez.
Susanne Koch
(Vorsitzende)